Annahmeverzug – böswilliges Unterlassen einer zumutbaren Arbeit

Das Risiko eines Kündigungsschutzprozesses wird für den Arbeitgeber ganz maßgeblich vom Annahmeverzugslohnrisiko geprägt. Verliert der Arbeitgeber einen Kündigungsschutzprozess, muss er in aller Regel die Gehälter für die Zeit zwischen Ablauf der Kündigungsfrist und rechtskräftiger Entscheidung des Prozesses an den Arbeitnehmer nachzahlen.

Nach § 615 Satz 2 BGB muss der Arbeitgeber sich auf den Annahmeverzugslohn allerdings nicht nur tatsächlich erzielten Verdienst oder erhaltenes Arbeitslosengeld anrechnen lassen, sondern auch nicht erzielten Verdienst, wenn er diesen zu erwerben böswillig unterlassen hat.

Hier eröffnen sich für Arbeitgeber, die sich mit einer Kündigungsschutzklage konfrontiert sehen, Möglichkeiten, das Annahmeverzugslohnrisiko zu minimieren oder zumindest zu reduzieren. Zu denken ist an den Nachweis geeigneter Arbeitsplätze gegenüber dem Arbeitnehmer oder aber auch an eine Beschäftigung im eigenen Betrieb zu geänderten Arbeitsbedingungen. Nimmt der Arbeitnehmer eine solche zumutbare Arbeit nicht an, muss er sich später den Verdienst anrechnen lassen, den er durch diese Arbeit hätte erwerben können.

Entscheidend ist dabei, einen Fehler zu vermeiden, der jetzt Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht war. Während des laufenden Kündigungsschutzprozesses übersandte der Rechtsanwalt des beklagten Arbeitgebers einen vom Arbeitgeber bereits unterschriebenen Arbeitsvertrag an das Arbeitsgericht, wonach der Arbeitnehmer bei verlängerter Arbeitszeit mit einer geringerwertigen Beschäftigung zu einem reduzierten Bruttogehalt beschäftigt werden sollte. Der Arbeitnehmer nahm dieses Arbeitsvertragsangebot nicht an. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass er sich den Verdienst, den er bei Annahme des Arbeitsvertragsangebots hätte erzielen können, nicht auf seinen Annahmeverzugslohn anrechnen lassen müsste. Die Arbeit bei dem bisherigen Arbeitgeber zu verschlechterten Bedingungen sei dem Arbeitnehmer nur dann zumutbar im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 2 Kündigungsschutzgesetz, wenn sie auf den Erwerb von Zwischenverdienst gerichtet sei. Auf eine dauerhafte Änderung, wie sie dem Arbeitnehmer im Fall des Bundesarbeitsgerichts angesonnen worden war, brauche sich der Arbeitnehmer nicht einzulassen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.01.2006 – 5 AZR 98/05).

Wichtig ist mithin, den während des laufenden Kündigungsschutzprozesses zu schließenden Arbeitsvertrag auf die Dauer des Kündigungsschutzprozesses zu befristen.

Das Unterlassen der Befristung kostete den Arbeitgeber im Fall des Bundesarbeitsgerichts am Schluss € 9.900,00 – ein teurer und leicht zu vermeidender Fehler.

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