Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners

Häufig berufen sich Unterhaltsschuldner darauf, nicht leistungsfähig zu sein, also nicht über die nötigen finanziellen Mittel zu verfügen, um Unterhalt zu zahlen. Denn nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

Wenn der Unterhaltsschuldner sich darauf beruft, nicht leistungsfähig zu sein, ist er insoweit darlegungs- und beweisbelastet.

Gesteigerte Erwerbsobliegenheit

Für den Kindesunterhalt sieht § 1603 Abs. 2 BGB eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit vor. Wenn Eltern ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts keinen Unterhalt zahlen können, so sind sie ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen unverheirateten Kindern stehen dabei volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden.

Aus dieser gesteigerten Erwerbsobliegenheit folgt insbesondere die Verpflichtung für die Eltern, ihre eigene Arbeitskraft auszuschöpfen und einzusetzen, um den Kindesunterhalt sicherzustellen.

Unterhaltsverpflichtung aufgrund fiktiver Einkünfte

Kommt ein Elternteil dieser Verpflichtung nicht nach und unterlässt eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, kann der Unterhalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur auf Grundlage der tatsächlichen, sondern auch auf Grundlage fiktiv erzielbarer Einkünfte berechnet werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch möglichen Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus.

Verpflichtung zur Nebentätigkeit neben vollschichtiger Erwerbstätigkeit

Aufgrund der gesteigerten Erwerbsobliegenheit ist der Unterhaltsschuldner gegebenenfalls auch verpflichtet, neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit noch eine Nebentätigkeit – etwa auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung – auszuüben. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 24.9.2014 – XII ZB 111/13 – noch einmal entschieden.

Die Verpflichtung zu einer Nebentätigkeit bzw. der Berücksichtigung aus einer solchen Nebentätigkeit erzielbarer Einkünfte bei der Unterhaltsbemessung gilt auch dann, wenn der Unterhalt aufgrund eines – wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit – lediglich fiktiven Einkommens aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit festzusetzen ist.

Trotz der gesteigerten Unterhaltspflicht stellt sich im Einzelfall die Frage, wo die Grenzen für eine solche zusätzliche Nebentätigkeit liegen. Diese ergeben sich aus den Vorschriften des Arbeitsschutzes und den Umständen des Einzelfalls. Die Anforderungen dürfen nicht dazu führen, dass eine Tätigkeit trotz der Funktion des Mindestunterhalts, das Existenzminimum des Kindes zu sichern, unzumutbar erscheint.

BGH, Beschluss vom 24.9.2014 – XII ZB 111/13

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