Zugewinngemeinschaft und Zugewinnausgleich

Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand des BGB. Die Ehegatten leben gemäß § 1363 Abs. 1 BGB automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes – also einen anderen Güterstand – vereinbaren. Die Zugewinngemeinschaft ist daher verbreitet der Güterstand.

Wesen der Zugewinngemeinschaft

Die Bezeichnung Zugewinngemeinschaft ist insofern irreführend, als die Vermögen der Ehegatten getrennt bleiben. Eine gemeinsame Vermögensmasse gibt es bei diesem Güterstand grundsätzlich nicht. Jeder Ehegatte bleibt also Alleineigentümer seiner Vermögensgegenstände, die er selbstständig verwaltet. Diese Vermögenstrennung hat zur Folge, dass grundsätzlich jeder Ehegatte Verfahren, die sein Vermögen betreffen, alleine führt, und für Schulden des anderen Ehegatten grundsätzlich nicht haftet.

Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Ehegatten durch Vertrag gemeinsam Vermögen erworben haben oder gemeinsam Verbindlichkeiten eingegangen sind. Dann kommen eine gemeinsame Verwaltung des Vermögens und eine gemeinsame Haftung für die Schulden in Betracht. Klassisches Beispiel dafür ist der gemeinsame Erwerb eines Grundstücks zu je hälftigem Eigentum der Ehegatten und die gemeinsame Aufnahme eines Kredits zum Zwecke der Grundstücksfinanzierung.

Zum Schutz des anderen Ehegatten kann ein Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen über sein Vermögen im Ganzen verfügen, § 1365 BGB. Hierdurch soll das Interesse eines Ehegatten am Erhalt des Familienvermögens und die Sicherung seines Zugewinnausgleichsanspruchs bewirkt werden.

Die Zugewinngemeinschaft endet mit dem Tod eines Ehegatten oder durch rechtskräftige Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Aufhebungsbeschluss. Daneben besteht die Möglichkeit, die Zugewinngemeinschaft durch Abschluss eines notariellen Ehevertrages aufzuheben. In Ausnahmefällen wird die Zugewinngemeinschaft durch eine rechtskräftige Entscheidung über den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns aufgelöst. Die wichtigsten Fälle sind die Auflösung durch den Tod eines Ehegatten oder durch rechtskräftige Scheidung der Ehe. In beiden Fällen erfolgt ein Zugewinnausgleich, der allerdings ganz unterschiedlichen Regeln folgt.

Zugewinnausgleich bei bzw. nach Scheidung der Ehe

Im Falle der Scheidung der Ehe erfolgt der Zugewinnausgleich so, dass für jeden Ehegatten das Anfangsvermögen ermittelt wird, dem dann nachfolgend das Endvermögen gegenübergestellt wird die Differenz zwischen Anfangsvermögen und Endvermögen wird als Zugewinn bezeichnet.

Anfangsvermögen

Das Anfangsvermögen ist nach § 1374 Abs. 1 BGB das Vermögen, das ein Ehegatte beim Eintritt des Güterstandes, also im Regelfall bei der Eheschließung, hatte. Das Anfangsvermögen umfasst alle vermögenswerten rechtlich geschützten Positionen, die ein Ehegatte am Tag der Eheschließung hatte, abzüglich der zum gleichen Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten. Zu denken ist insbesondere an Bargeld, Bankguthaben, Wertpapiere, Darlehensforderungen, Immobilien, Schmuck, Kraftfahrzeuge und Forderungen aller Art.

Nach § 1374 Abs. 2 BGB ist auch privilegierter Erwerb dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen. Dieser umfasst insbesondere Erbschaften, Zuwendungen im Hinblick auf ein zukünftiges Erbrecht und Schenkungen. Um den Zugewinnausgleich durchführen zu können bzw. den Zugewinn berechnen zu können, wird dem Anfangsvermögen das Endvermögen gegenübergestellt.

Endvermögen

Dem Anfangsvermögen eines Ehegatten wird dessen Endvermögen gegenübergestellt, um den Zugewinnausgleich berechnen zu können. Das Endvermögen ist nach § 1375 BGB das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört. Im Falle der Scheidung tritt für die Berechnung des Zugewinns und damit auch des Endvermögens an die Stelle der Beendigung des Güterstands gemäß § 1384 BGB der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Dies ist der Tag, an dem dem anderen Ehegatten die Scheidungsantragsschrift zugestellt wird.

Zugewinn

Der Zugewinn ist nach § 1373 BGB der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt.

Dieser Zugewinn wird für beide Ehegatten gesondert ermittelt, also für beide Ehegatten Anfangsvermögen und Endvermögen gegenübergestellt und der Zugewinn errechnet.

Zugewinnausgleich

Ergibt sich dabei, dass der Zugewinn eines Ehegatten den Zugewinn des anderen Ehegatten übersteigt, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten gemäß § 1378 Abs. 1 BGB als Ausgleichsforderung zu. Hat mithin einer der Ehegatten einen Zugewinn von 100.000 € erzielt, während der andere Ehegatte nur einen Zugewinn von 50.000 € erzielt hat, hat der Ehegatte mit dem niedrigeren Zugewinn einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 25.000 €, so dass nachfolgend beide Ehegatten über 75.000 € verfügen.

 

Zugewinnausgleich vor der Scheidung - vorzeitiger Zugewinnausgleich bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft

Der Zugewinnausgleich kann nicht nur zusammen mit dem Scheidungsantrag oder isoliert neben dem Scheidungsantrag geltend gemacht werden, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch bereits vor Einreichung eines Scheidungsantrags und völlig unabhängig von diesem. Nach § 1385 BGB kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei gleichzeitiger vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen, wenn

  • die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt leben
  • zu befürchten ist, dass der andere Ehegatte versucht, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen oder illoyale Vermögensverfügungen vorzunehmen, also die Ausgleichsforderung gefährdet ist,
  • der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus den ehelichen Verhältnissen ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat und anzunehmen ist, dass er sie auch in Zukunft nicht erfüllen wird oder
  • der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert oder sich ohne ausreichenden Grund bis zur Erhebung der Klage auf Auskunft beharrlich geweigert hat, ihn über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.

Die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft mit vorzeitigem Zugewinnausgleich kommt also auch lange vor einer Scheidung in Betracht, wenn die Ehepartner bereits seit drei Jahren getrennt leben oder der andere Ehegatte versucht, sich dem Zugewinnausgleich zu entziehen oder seine wirtschaftlichen Verpflichtungen gegenüber dem Anspruchsberechtigten Ehegatte nicht erfüllt oder er eine Auskunft über seine Vermögensverhältnisse beharrlich verweigert. Die Regelung dient der Sicherung der Zugewinnausgleichsforderung des berechtigten Ehegatten.

Ein vorzeitiger Zugewinnausgleich sollte z.B. ins Auge gefasst werden, wenn der andere Ehegatte nach der Trennung Wertpapierdepots, Sparbriefe, Lebensversicherungen und Ähnliches auflöst oder ein Grundstück verkaufen will.

Der vorzeitige Zugewinnausgleich ist aber auch von Interesse, wenn der andere Ehegatte seine Unterhaltsverpflichtung nicht erfüllt, weil die dann auf Seiten des unterhaltsberechtigten Ehegatten nach und nach entstehende Forderung als Aktivum in das Endvermögen des unterhaltsberechtigten Ehegatten einzustellen ist, auf der anderen Seite beim unterhaltspflichtigen Ehegatten als Passivum einzustellen ist. Dies hat zur Konsequenz, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen eigenen Unterhalt bis zur Rechtshängigkeit des Zugewinnausgleichsanspruchs über den Zugewinnausgleich (mit-)finanziert.

Auch der im Rahmen des Zugewinnausgleichs ausgleichsverpflichtete Ehegatte kann allerdings ein Interesse an der vorzeitigen Beendigung der Zugewinngemeinschaft und der Durchführung des Zugewinnausgleichs haben. Dies ist immer dann der Fall, wenn der ausgleichsverpflichtete Ehegatte aufgrund sehr guter Einkommensverhältnisse oder einer positiven Vermögensentwicklung fortlaufend weiteren Zugewinn erzielt und damit die von ihm geschuldete Ausgleichsforderung mit fortschreitender Zeit immer höher wird. Auch in diesem Fall sollte nach dreijähriger Trennung ein vorzeitiger Zugewinnausgleich ins Auge gefasst werden.

 

Modifizierung des Zugewinnausgleichs in einem Ehevertrag ist zulässig

Eine Modifizierung des Zugewinnausgleichs in einem Ehevertrag dahingehend, dass das Betriebsvermögen des Ehemannes nur mit dem Stand seiner Kapitalkonten berücksichtigt wird und Firmenwert und stille Reserven unberücksichtigt bleiben, ist wirksam.
 

Eine Vereinbarung der Beteiligten, einen einzelnen Vermögensgegenstand, z.B. eine Immobilie, bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt zu lassen, ist ebenfalls zulässig.
OLG Bremen, 5 UF 110/13,
Beschluss vom 08.05.2014

 

Zugewinnausgleich im Todesfall

Erbrechtliche Lösung

Für den Fall, dass die Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten beendet wird, sieht § 1371 Abs. 1 BGB für den Zugewinnausgleich zunächst die sogenannte erbrechtliche Lösung vor. Der Zugewinnausgleich wird pauschaliert dadurch vorgenommen, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht. Da der Ehegatte nach § 1931 Abs. 1 S. 1 BGB neben Kindern des Erblassers zu einem Viertel erbberechtigt ist, ist er dann aufgrund dieser Erhöhung zur Hälfte erbberechtigt. Hat der Erblasser keine Kinder hinterlassen, leben aber dessen Eltern oder Geschwister des Erblassers noch, erbt der überlebende Ehegatte nach § 1931 Absatz ein S. 1 BGB zu 1/2, aufgrund des weiteren Viertels aus dem Zugewinnausgleich im Ergebnis zu 3/4.

Ausschlagung der Erbschaft und Zugewinnausgleich

Daneben hat der überlebende Ehegatte die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Er kann dann gemäß § 1371 BGB den Zugewinnausgleich verlangen, der sich wie beim Zugewinnausgleich anlässlich der Scheidung gerechnet und daneben seinen Pflichtteil verlangen, die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt.

Wahlrecht des Ehegatten und Ausschlagungsfrist

Zwischen diesen beiden Möglichkeiten des Zugewinnausgleichs im Todesfall des anderen Ehegatten hat der überlebende Ehegatte ein Wahlrecht. Da eine Erbschaft nach § 1944 Abs. 1 BGB allerdings nur innerhalb einer Ausschlagungsfrist von sechs Wochen ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung zum Erben besteht und die Ausschlagungsfrist damit in vielen Fällen sechs Wochen nach dem Tod des anderen Ehegatten abläuft, fehlt häufig die nötige Zeit, um zu ermitteln, welche der beiden Lösungen für den überlebenden Ehegatten wirtschaftlich vorteilhafter ist. Insoweit empfiehlt es sich,, sehr zeitnah nach der Kenntnis des Todes des anderen Ehegatten einen Rechtsanwalt zu beauftragen und dessen fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Ausschlagung der Erbschaft und die Beanspruchung des Pflichtteils sowie des Zugewinns vorteilhaft sein könnten. Insgesamt sind die Rechtsfragen rund um die Vermögensauseinandersetzung und den Zugewinnausgleich komplex und schwierig. Zugleich geht es häufig um viel Geld. Der auf Familienrecht spezialisierte Rechtsanwalt sollte frühzeitig hinzugezogen werden. Die für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts anfallenden Kosten sind fast immer eine lohnende Investition.