Ehevertrag

Auch im Familienrecht lassen sich vielfältige Probleme vermeiden, wenn diese frühzeitig und vorausschauend durch einen Ehevertrag geregelt werden. Im Familienrecht sind die rund um die Scheidung auftretenden Rechtsprobleme ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit. Fast alle Scheidungsfolgen, vom Güterrecht über den nachehelichen Unterhalt bis hin zum Versorgungsausgleich können durch einen Ehevertrag geregelt werden.

Begriff des Ehevertrages

Der Begriff des Ehevertrages wird unterschiedlich gebraucht. Das Gesetz versteht unter einem Ehevertrag gemäß § 1408 BGB nur die Regelung der „güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag".

In der (juristischen) Umgangssprache wird als Ehevertrag jedoch ein Vertrag bezeichnet, der allgemeine Ehewirkungen, das eheliche Güterrecht und/oder insbesondere Scheidungsfolgen regelt. Regelmäßig stehen in der Praxis Regelungen des Güterrechts wie die Vereinbarung von Gütertrennung oder die Modifizierung der Zugewinngemeinschaft, die Begrenzung oder der Ausschluss von Unterhaltsansprüchen und Regelungen betreffend den Versorgungsausgleich im Vordergrund.

Zeitpunkt des Abschlusses eines Ehevertrages

Eheverträge können sowohl vor der Eheschließung oder zu Beginn der Ehe als auch während der Ehe als vorsorgende Eheverträge, in Krisensituationen oder bei bevorstehender Scheidung abgeschlossen werden. Häufig ist es sinnvoll, Eheverträge auch um erbrechtliche Regelungen zu ergänzen.

Form des Ehevertrages

Ein Ehevertrag bedarf regelmäßig der notariellen Beurkundung. Anderenfalls ist er unwirksam. Dies gilt jedenfalls dann, wenn güterrechtliche Regelungen vorgenommen werden, der Versorgungsausgleich geregelt wird, nacheheliche Unterhaltsansprüche im Ehevertrag geregelt werden, eine Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns getroffen wird oder der Vertrag auf den Erwerb oder die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gerichtet ist. Die notarielle Beurkundung kann gemäß § 127 a BGB durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich ersetzt werden.

Ehevertrag für Unternehmer und Selbständige

Insbesondere für Unternehmer kann ein Ehevertrag von existentieller Bedeutung sein. Dies gilt auch für Freiberufler, die z.B. eine Arztpraxis, Rechtsanwaltskanzlei oder Steuerberaterpraxis betreiben. Wenn der Wert des Unternehmens anlässlich der Scheidung im Zugewinnausgleich aktiviert wird, führt dies häufig zu hohen Zugewinnausgleichsforderungen, deren Begleichung dem Unternehmen das Eigenkapital entzieht. Betreibt der Unternehmer sein Geschäft mit Partnern, ist zudem unangenehm, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens bei einer streitigen Auseinandersetzung insgesamt offengelegt werden müssen, mithin auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partner bekannt werden.

Für Unternehmer und insbesondere auch Freiberufler empfiehlt sich daher ein Ehevertrag, in dem zumindest die Zugewinngemeinschaft dahingehend modifiziert wird, dass der Wert des Unternehmens unberücksichtigt bleibt oder pauschaliert wird.

So ist z.B. Eine Modifizierung des Zugewinnausgleichs in einem Ehevertrag dahingehend, dass das Betriebsvermögen des Ehemannes nur mit dem Stand seiner Kapitalkonten berücksichtigt wird und Firmenwert und stille Reserven unberücksichtigt bleiben, wirksam.
Auch eine Vereinbarung der Beteiligten, einen einzelnen Vermögensgegenstand, z.B. eine Immobilie, bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt zu lassen, ist zulässig.
OLG Bremen, 5 UF 110/13,
Beschluss vom 08.05.2014

 

Unwirksamkeit von Eheverträgen – Inhalts- und Ausübungskontrolle anlässlich der Scheidung

Inhaltskontrolle

Die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich können grundsätzlich durch vertragliche Vereinbarung der Ehepartner modifiziert werden. Einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten eines Ehegatten kennt das geltende Recht nicht. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein Ehevertrag im Einzelfall wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB unwirksam sein kann oder die Berufung auf alle oder einzelne Regelungen des Ehevertrages treuwidrig sein kann, also mit § 242 BGB unvereinbar ist. In einer grundlegenden Entscheidung vom 11.2.2004 – XII ZR 265/02 - hat der Bundesgerichtshof hierzu Grundsätze aufgestellt, die im vorliegenden Rahmen nur ansatzweise wiedergegeben werden können. Die grundsätzliche Abdingbarkeit der Scheidungsfolgen darf nach Auffassung des BGH nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch einen Ehevertrag beliebig unterlaufen werden kann. Ein solches Unterlaufen des Schutzzwecks der gesetzlichen Regelungen liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs vor, wenn durch einen Ehevertrag eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den benachteiligten Ehegatten bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Regelung des Ehevertrages unzumutbar erscheint. Belastungen des einen Ehegatten wiegen dabei umso schwerer und die Belange des anderen Ehegatten sind umso genauer zu prüfen, wenn die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.

Der Bundesgerichtshof insoweit eine Rangfolge der Scheidungsfolgen aufgestellt.

Zum Kernbereich der Scheidungsfolgen gehört danach in erster Linie der Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB, der schon im Hinblick auf seine Ausrichtung am Kindesinteresse nicht der freien Disposition der Ehegatten unterliegt.

Auf der zweiten Stufe des Kernbereichs der Scheidungsfolgen siedelt der Bundesgerichtshof den Krankheitsunterhalt und den Unterhalt wegen Alters an. Auf der gleichen Stufe steht nach der oben genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Versorgungsausgleich.

Als weniger bedeutsam und damit vertraglichen Regelungen weitergehend zugänglich betrachtet der Bundesgerichtshof den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit, den Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt.

Der Zugewinnausgleich soll demgegenüber Abänderungen durch einen Ehevertrag am weitesten zugänglich sein, weil die eheliche Lebensgemeinschaft nicht notwendig auch eine Vermögensgemeinschaft ist.

Im Rahmen einer Inhaltskontrolle im Sinne einer Wirksamkeitskontrolle ist zunächst zu prüfen, ob der Ehevertrag schon im Zeitpunkt seines Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall geführt hat, dass ihm – losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an seine Stelle die gesetzlichen Regelungen treten. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die dem begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen.

Eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages soll dabei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird. 

Ausübungskontrolle

Auch wenn ein Ehevertrag sich nach dieser Prüfung nicht als sittenwidrig erweist, sondern wirksam ist, ist im Rahmen einer Ausübungskontrolle zu prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Vertrag wirksam ausgeschlossen ist. Dabei ist dann nach der obigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs entscheidend darauf abzustellen, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolgen eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Gestaltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Auch diese Abwägung hat sich an der Rangordnung der Scheidungsfolgen zu orientieren. Je höherrangig die vertraglich ausgeschlossene und vom belasteten Ehegatten nunmehr doch geltend gemachte Scheidungsfolge ist, umso schwerwiegender müssen die Gründe sein, die unter Berücksichtigung des inzwischen einvernehmlich verwirklichten tatsächlichen Ehezuschnitts für ihren Ausschluss sprechen.

Führt diese Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit der Berufung des begünstigten Ehegatten auf eine oder mehrere Regelungen des Ehevertrages, hat dies im Rahmen des § 242 BGB allerdings nicht die Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses und die Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung zur Folge.

An die Stelle des Ausschlusses im Ehevertrag soll vielmehr die Rechtsfolge treten, die den berechtigten Belangen beider Parteien in ausgewogener Weise Rechnung trägt, wobei die Orientierung an der gesetzlichen Rechtsfolge umso stärker erfolgen soll, je zentraler diese Rechtsfolge im Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen angesiedelt ist.

Zusammenfassung

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass insbesondere Unternehmern, auch Selbständigen und Freiberuflern, der Abschluss eines Ehevertrages zu empfehlen ist.  Veranlassung zur fachkundigen Überprüfung eines Ehevertrages durch einen Fachanwalt für Familienrecht besteht insbesondere dann, wenn der Betreuungsunterhalt, der Alters- und Krankheitsunterhalt und der Versorgungsausgleich durch den Ehevertrag ganz oder weitgehend, alternativ oder kumulativ, ausgeschlossen wurden oder ausgeschlossen werden sollen. In solchen Fällen kommt eine Unwirksamkeit des Ehevertrages oder die Unzulässigkeit der Berufung des begünstigten Ehegatten auf eine oder mehrere Regelungen im Ehevertrag in Betracht. Es bedarf insoweit immer einer Prüfung des konkreten Einzelfalls unter Berücksichtigung aller Umstände. Allgemeingültige Aussagen können im Hinblick auf die Wirksamkeit von Eheverträgen kaum getroffen werden.

Sollten Sie einen Ehevertrag schließen wollen oder die Wirksamkeit eines Ehevertrages oder einzelner Regelungen im Ehevertrag überprüfen lassen wollen, stehe ich Ihnen als Fachanwalt für Familienrecht gerne zur Verfügung.