Elternunterhalt
Kinder haften für den Unterhalt ihrer Eltern
Kinder haften gemäß § 1601 BGB auch für ihre Eltern auf Unterhalt, sofern die Eltern unterhaltsbedürftig sind und die Kinder leistungsfähig sind. Regelmäßig aktualisiert sich diese Unterhaltspflicht dann, wenn ein Elternteil in einem Heim untergebracht werden muss und die hierdurch entstehenden beträchtlichen Kosten aus den eigenen Einkünften des Elternteils nicht gedeckt werden können. Häufig ist es dann so, dass die Kosten, die aus den Einkünften des Elternteils nicht gedeckt werden können, vom Sozialamt oder einem anderen Sozialhilfeträger übernommen werden. Soweit der Sozialhilfeträger Kosten übernimmt, geht der Unterhaltsanspruch des Elternteils gegen das Kind gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII auf den Sozialhilfeträger über und kann und wird dann auch häufig vom Sozialhilfeträger gegen das Kind oder gegebenenfalls mehrere Kinder des Elternteils geltend gemacht.
Schwere Verfehlungen eines Unterhalt begehrenden Elternteils können zwar den Unterhaltsanspruch ausschließen. Ein langjähriger Kontaktabbruch, der von dem Elternteil ausging, reicht allein aber nicht aus, um den Unterhaltsanspruch auszuschließen. Nach dem Abitur des Sohnes hatte ca. 37 Jahre lang kein Kontakt zwischen Vater und Sohn bestanden. Zudem hatte der Vater den Sohn enterbt und testamentarisch „auf den strengsten Pflichtteil" gesetzt. Der BGH entschied, dass dennoch der Unterhaltsanspruch des Vaters gegen den Sohn fortbestand. Die Leitsätze der Entscheidung lauten wie folgt:
a) Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559).
b) Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt indes nur ausnahmsweise bei Vor-liegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts.
BGH, Beschluss vom 12. Februar 2014 - XII ZB 607/12
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Bedarf der Eltern
Der Bedarf des Elternteils umfasst dabei nicht nur die durch das eigene Einkommen des Elternteils nicht gedeckten Kosten der Heimunterbringung, sondern daneben auch einen Barbedarf für die persönlichen Bedürfnisse des Elternteils, die von den Leistungen der Einrichtung, in dem das Elternteil untergebracht ist, nicht gedeckt wird, um Aufwendungen für Körper- und Kleiderpflege, Zeitschriften und Schreibmaterial und sonstige Kleinigkeiten des täglichen Lebens finanzieren zu können.
Leistungsfähigkeit der Kinder
Kinder haften für den Unterhalt ihrer Eltern allerdings nur im Rahmen ihrer eigenen Leistungsfähigkeit. Dabei ist es so, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Unterhaltspflichtige grundsätzlich keine spürbare dauerhafte Senkung seines Lebensstandards hinzunehmen braucht. Deshalb werden bei der Ermittlung des für die Leistungsfähigkeit des Kindes zu berücksichtigenden bereinigten Nettoeinkommens großzügige Freibeträge in Ansatz gebracht.
Nach zwei grundlegenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist die Leistungsfähigkeit der Kinder/verheirateten Unterhaltspflichtigen sowohl dann, wenn der unterhaltspflichtige Ehepartner ein höheres Einkommen hat als ein Ehegatte als auch dann, wenn der unterhaltspflichtige Ehepartner ein niedrigeres Einkommen hat als sein Ehegatte, grundsätzlich wie folgt zu ermitteln:
Von dem so genannten Familieneinkommen – im Einkommen beider Ehepartner – wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Dies sind aktuell nach der Düsseldorfer Tab. 2013 2880 € zuzüglich der Hälfte des darüberhinausgehenden Einkommens. Vom danach verbleibenden Einkommen wird eine Haushaltsersparnis i.H.v.10 Prozent dieses verbleibenden Einkommens abgezogen. Die Hälfte des danach verbleibenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu diesem individuell bemessenen Familienunterhalt hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige dann die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Elternunterhalt einsetzen.
Es ergibt sich dann folgendes Berechnungsschema:
Einkommen des Unterhaltspflichtigen | 3.000,00 € |
Einkommen des Ehepartners | 1.000,00 € |
Familieneinkommen | 4.000,00 € |
abzüglich Familienselbstbehalt | -2.880,00 € |
Zwischensumme | 1.120,00 € |
abzüglich 10% Haushaltsersparnis aus Zwischensumme | -112,00 € |
Zwischensumme 2 | 1.008,00 € |
davon 1/2 | 504,00 € |
zuzüglich Familienselbstbehalt | 2.880,00 € |
individueller Familienbedarf | 3.384,00 € |
Anteil des Unterhaltspflichtigen | 2.538,00 € |
Einkommen des Unterhaltspflichtigen | 3.000,00 € |
abzüglich Anteil am Familienbedarf | -2.538,00 € |
Leistungsfähigkeit für Elternunterhalt | 462,00 € |
Haftung mehrerer Kinder für den Elternunterhalt
Sind mehrere Kinder vorhanden, haften diese anteilig entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit für den Unterhaltsbedarf der Eltern oder des Elternteils.
Die vorstehend beschriebene Berechnungsweise für die Leistungsfähigkeit eines Kindes für den Elternunterhalt gilt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.03.2014 auch dann, wenn das unterhaltsverpflichtete Kind ein geringeres Einkommen als sein Ehegatte hat.
Entscheidungen
Die maßgeblichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs finden Sie nachfolgend:
BGH, Urteil vom 28.07.2010, XII ZR 140/07
BGH, Beschluss vom 11.03.2014, XII ZB 25/13
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