Unterhalt für Ehegatten nach Trennung oder Scheidung
Eine der für beide Ehegatten häufig wichtigsten Frage bei Trennung und Scheidung ist, inwieweit Unterhaltsansprüche bestehen, einer der Ehegatten dem anderen also monatlich Unterhalt zahlen muss. Für einen nicht berufstätigen oder schlecht verdienenden Ehegatten steht bei der Frage nach dem Unterhalt die möglichst weitgehende Absicherung des bisherigen Lebensstandards im Vordergrund, für den Unterhaltspflichtigen die Frage, ob, inwieweit und wie lange er eventuell finanzielle Einschränkungen im Hinblick auf Unterhaltsansprüche des Ehegatten hinnehmen muss.
Unterhaltsbedarf als Obergrenze des eventuell geschuldeten Unterhalts
Ein etwaiger Unterhaltsanspruch ist nach oben begrenzt durch den Unterhaltsbedarf eines Ehegatten. Bei der Bedarfsbemessung steht jedem Ehegatten grundsätzlich die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens beider Ehegatten zu. Dieser Halbteilungsgrundsatz ist unabhängig davon zu beachten, ob eine konkrete Bedarfsbemessung erfolgt oder eine Bedarfsbemessung nach Quoten. Dem Unterhaltsberechtigten darf daher nie ein höherer Unterhalt als die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens der Ehegatten zugesprochen werden.
Ermittlung des verteilungsfähigen Einkommens
Als verteilungsfähiges Einkommen wird der Teil der in der Ehe erzielten Einkünfte bezeichnet, der zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung steht. Das sogenannte prägende Einkommen der Eheleute ist zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs daher zu bereinigen, d.h. um Steuern, Vorsorgeaufwendungen, berufsbedingte Aufwendungen, Kinderbetreuungskosten, Schulden, Kindesunterhalt, alters- oder krankheitsbedingten Mehrbedarf und Ausgaben zu gemeinsamen Vermögensbildung zu reduzieren. Bei Erwerbseinkünften ist zudem vom so bereinigten Nettoeinkommen ein Erwerbstätigenbonus abzuziehen.
Fiktive Einkünfte
Wenn ein Ehegatte nicht arbeitet, obwohl eine Erwerbsobliegenheit für ihn besteht, sind auch fiktive Einkünfte bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen. Dies gilt selbst dann, wenn der Ehegatte arbeitslos wird und nicht relativ kurzfristig erneut eine neue Stelle findet. Verliert ein langjährig in einem gängigen Beruf tätiger Ehegatte seinen Arbeitsplatz, so ist er bei bestehender Erwerbsobliegenheit gehalten, sich binnen der nächsten drei Monate eine neue Stelle zu suchen. Erschwert sich die Suche durch eine langfristige Arbeitsunfähigkeit, sollen selbst dann insgesamt fünf Monate ausreichen (OLG Brandenburg, Beschluss v. 12.11.2014, 13 UF 237/13).
Konkrete Bedarfsbemessung
Leben die Ehegatten in sehr guten Einkommensverhältnissen, ist der Unterhaltsbedarf nicht schematisch als Quote des verteilungsfähigen Einkommens zu berechnen. Vielmehr bedarf es dann einer konkreten Bedarfsberechnung. Hintergrund dafür ist, dass der Unterhalt auf Mittel zu beschränken ist, die nach einem objektiven Maßstab eine Einzelperson auch bei Berücksichtigung hoher Ansprüche für einen billigenswerten Lebensbedarf sinnvoll ausgeben kann, weil der Unterhalt nur zur Befriedigung des laufenden Lebensbedarfs und nicht zur Vermögensbildung dient. Bei hohen Einkünften ist auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Konsumverhaltens der Ehegatten während des Zusammenlebens regelmäßig davon auszugehen, dass nicht alle Mittel für die Kosten der Lebensführung benötigt werden, sondern ein Teil in die Vermögensbildung fließt.
Konkrete Bedarfsbemessung erforderlich bei Einkünften von mehr als 5100 € monatlich
Ab wann eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist, lassen die Leitlinien der Familiensenate der Oberlandesgerichte vielfach offen. Die Rede ist insoweit häufig nur von „sehr guten Einkommensverhältnissen".
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 30.11.2011 – XII ZR 34/09 – entschieden, dass es keinen Bedenken begegnet, wenn eine konkrete Bedarfsbemessung dann verlangt wird, wenn der Bedarf denjenigen übersteigt, der ausgehend von den Einkommenshöchstbeträgen der Unterhaltstabellen ermittelt worden ist. Dem ist das Oberlandesgericht Bremen in einem Beschluss vom 6.2.2015 – 4UF38/14 – gefolgt und hat entschieden, dass eine konkrete Bedarfsberechnung bei erwerbstätigen Ehegatten grundsätzlich dann erforderlich ist, wenn beide Ehegatten zusammen ein Einkommen von mehr als 5100 € (derzeitiger Einkommenshöchstbetrag der Düsseldorfer Tabelle) monatlich haben. Ob dies bei der Überschreitung der 5100 €-Grenze immer der Fall ist, hat das Oberlandesgericht Bremen allerdings offengelassen.
Zugleich hat der Bundesgerichtshof im vorgenannten Urteil unterhaltsberechtigten Ehegatten eine Möglichkeit eröffnet, keinen konkreten Bedarf darlegen zu müssen. Er hat entschieden, dass dann, wenn ein Elementarunterhaltsbedarf geltend gemacht wird, der unter der Grenze für eine konkrete Bedarfsbemessung liegt, eine konkrete Bedarfsbemessung auch dann nicht erforderlich ist, wenn daneben ein Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht wird und Elementarunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt insgesamt die Grenzen für eine konkrete Bedarfsbemessung überschreiten.
Dies bedeutet, dass derzeit eine konkrete Bedarfsbemessung nicht erforderlich ist, wenn ein Elementarunterhalt i.H.v. 2185 € zuzüglich Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht wird, hingegen grundsätzlich eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist, wenn ein 2185 € übersteigender Elementarunterhalt geltend gemacht wird.
Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt
Zu unterscheiden sind beim Unterhalt für Ehegatten der sogenannte Trennungsunterhalt, der von der Trennung bis zur Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses gezahlt werden muss bzw. beansprucht werden kann, und der nacheheliche Unterhalt, der eventuell ab der Rechtkraft des die Scheidung aussprechenden Beschlusses beansprucht werden kann. Beide folgen unterschiedlichen Regeln. Während Unterhalt nach der Trennung gemäß § 1361 BGB in Abhängigkeit von den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen ohne weiteres beansprucht werden kann, gilt für den nachehelichen Unterhalt der Grundsatz der Eigenverantwortung, nach dem jeder Ehegatte nach der Scheidung selbst für seinen Unterhalt sorgen soll. Deshalb besteht ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nur, wenn ein Ehegatte wegen der Betreuung eines oder mehrerer gemeinschaftlicher Kinder, wegen Krankheit, Alters oder Erwerbslosigkeit nicht in der Lage ist, für seinen eigenen Unterhalt zu sorgen, oder seine Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht ausreichen, um den vollen Unterhalt zu decken.
Einzelheiten zu den Voraussetzungen, dem Zeitpunkt der Geltendmachung und der Dauer von
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Benötigen Sie Unterhalt oder werden Sie auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen, sollten Sie frühzeitig einen Rechtsanwalt mit Ihrer Beratung oder Vertretung beauftragen, weil das Unterhaltsrecht vielfältige Fragen und Probleme aufwirft, die zu einem erheblichen Teil umstritten sind, von Billigkeitserwägungen geprägt ist und nur ein spezialisierter Rechtsanwalt einschätzen kann, in welcher Höhe ggf. ein Unterhaltsanspruch besteht. Ich stehe Ihnen mit langjähriger Berufserfahrung im Familienrecht als Fachanwalt für Familienrecht gerne zur Verfügung.