Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1579 BGB

Wer wiederholt schwerwiegende, nicht haltbare Beschuldigungen wie die des sexuellen Missbrauchs der gemeinsamen Kinder erhebt, ohne dass sich dafür auch nur ansatzweise Anhaltspunkte ergeben, kann seinen Unterhaltsanspruch verwirken. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm jetzt entschieden.

Ein Unterhaltsanspruch ist gem. § 1579 BGB u.a. zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat (§ 1579 Nr. 3 BGB), dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (§ 1579 Nr. 7 BGB) oder ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in § 1579 Nr. 1 bis 7 BGB aufgeführten Gründe (§ 1579 Nr. 8 BGB).

In Fällen wiederholter, schwerwiegender Beleidigungen und Verleumdungen kommt eine Verwirkung gem. § 1579 Nr. 3 BGB insbesondere dann in Betracht, wenn derartige Ehrverletzungen mit nachteiligen Auswirkungen auf die persönliche und berufliche Entfaltung sowie die Stellung des Unterhaltsverpflichteten in der Öffentlichkeit verbunden sind. Unter solchen Umständen sind insbesondere Dauer und Intensität ihrer Begehung von Bedeutung (BGH, Urteil vom 16.9.1981 - IVb ZR 622/80, NJW 1982, 100, 101). Wer wiederholt schwerwiegende, nicht haltbare Beschuldigungen wie die des sexuellen Missbrauchs erhebt, ohne dass sich dafür auch nur ansatzweise Anhaltspunkte ergeben, kann seinen Unterhaltsanspruch verwirken. Denn sexuelle Gewalt gegen die eigenen minderjährigen Kinder ist ein Tatbestand, der nicht nur strafrechtlich sanktioniert wird, sondern auch durch eine ganz besondere gesellschaftliche Ächtung gekennzeichnet ist. Werden solche Vorwürfe bekannt, kann bereits dies zu einer familiären, sozialen und beruflichen Isolation des beschuldigten Elternteils führen. Schon aus diesem Grunde darf der Verdacht nicht leichtfertig und ohne gravierende Anhaltspunkte erhoben werden (OLG Schleswig, Urteil vom 21.12.2012 – 10 UF 81/12, NJW-RR 2013, 517, 518; OLG Frankfurt, Urteil vom 18.05.2005 - 6 UF 301/04, BeckRS 2005, 08554).

Daneben erfüllen derartige Äußerungen objektiv den Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB (vgl. auch OLG Schleswig, a.a.O., NJW-RR 2013, 517, 518; OLG Celle, Urteil vom 14.2.2008 - 17 UF 128/07, BeckRS 2008, 05830; Büttner, in: Johannsen/Henrich, Familienrecht, 5. Auflage 2010, § 1579, Rn. 35). In unberechtigten Missbrauchsvorwürfen ist objektiv ein schwerwiegendes, eindeutig bei der Antragsgegnerin liegendes Fehlverhalten zu sehen.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 03.12.2013, 2 UF 105/13

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